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Jeroen DeWulf

Gastprofessor vom 26. Januar bis 5. Februar

Die Universität Regensburg freute sich, Jeroen DeWulf als Gastprofessor begrüßen zu dürfen. Er war im Rahmen des Regensburg-Berkeley Gastprofessoren Programm, das von der Regensburger Universitätsstiftung unterstützt wird, vom 26. Januar bis 5. Februar für 10 Tage in Regensburg.

Jeroen DeWulf ist Königin-Beatrix-Professor für Niederländischstudien und Professor im Folklore-Programm an der University of California, Berkeley. In Berkeley ist er außerdem Direktor des Zentrums für Portugiesische Studien und akademischer Leiter des UC Berkeley Study Abroad. DeWulf war ebenfalls  Gastprofessor an der LMU München und kam im Rahmen der Partnerschaft zwischen der Universität Regensburg und der UC Berkeley nach Regensburg. Seine Forschungsschwerpunkte sind die niederländische und portugiesische Kolonialgeschichte, der transatlantische Sklavenhandel sowie die kulturellen, folkloristischen und religiösen Traditionen der afroamerikanischen Gemeinschaft.

Er hat unter anderem die folgenden Bücher veröffentlicht:

Sein jüngstes Buch, Afro-Atlantic Catholics: America's First Black Christians (2023), wurde 2024 mit dem John G. Shea Prize ausgezeichnet.

Während seiner Zeit in Regensburg arbeitete er mit dem Department for Interdisciplinary and Multiscalar Area Studies (DIMAS), dem Leibniz ScienceCampus Europe and America, dem Regensburg European American Forum (REAF) und der Katholisch-Theologischen Fakultät zusammen. 



Afroatlantische Christen

Sie sind entscheidend für die Verbreitung des Christentums in Amerika - nicht die weißen Missionare. Jeroen DeWulf, UC Berkeley, zeigte in Regensburg warum. Hier geht es zum Artikel auf dem UR Science Blog.

Während des Vortrags zu "Afroatlantische Christen" (v.l.n.r.) Dr. Paul Vickers (Leibniz Science Campus), Prof. Dr. Yves KingataProf.in Dr. Ursula Regener, Prof. Dr. Jeroen DeWulf, Prof. Dr. Ulf Brunnbauer

(Eine Auswahl von Vorträgen von Prof. Dr. Jeroen DeWulf an der Universität Regensburg finden Sie weiter unten.)


Interview

Die Kunst, transatlantische Zusammenhänge zu denken: Prof. Dr. Jeroen DeWulf (UC Berkeley) zu Gast in Regensburg

Die Kooperation der Universität Regensburg mit der University of California, Berkeley, ermöglicht seit 2017 einen transatlantischen Austausch für Doktorand*innen und Professor*innen. Der Initiator des Programms, Jeroen DeWulf, ehemaliger Direktor des Institute of European Studies an der UC Berkeley, war im Januar 2025 selbst im Rahmen des Programms zu Besuch in Regensburg. Er sprach mit der DIMAS-Geschäftsführerin Laura Niebling, die über das Department den Austausch für die UR koordiniert, über die Geschichte, Gegenwart und Zukunft des UR-Berkeley-Exchange und seine Sorgen für die Zukunft transatlantischer Beziehungen. Eng damit verknüpft ist auch DeWulfs eigene Forschung, die ebenfalls transatlantische Bezüge in den Blick nimmt und die er in Regensburg bei mehreren Vorträgen vorgestellt hat. 

Erzähl uns erstmal grundlegend etwas über das Austauschprogramm zwischen der UR und der UCB – wie kam es zu der Zusammenarbeit?

Im Sommer 2016 traf ich in Berkeley einen Gastprofessor der UR, Prof. Thorsten Kingreen. Thorsten Kingreen war zwar Gast der UC Berkeley School of Law, aber sein Interesse für transatlantische Bezüge zwischen Europa und den USA hatte ihn dazu gebracht, Kontakt mit mir aufzunehmen. Ich war damals seit zwei Jahren Direktor des Institute of European Studies und war sehr daran interessiert, die Kontakte unseres Forschungsinstituts mit Kollegen und Kolleginnen in Deutschland auszubauen. Schließlich war unser Institut 1990 auf Initiative der deutschen Regierung gegründet worden und als Exzellenz-Forschungszentrum für die Beziehungen zwischen dem gerade wiedervereinigten Deutschland und den USA konzipiert worden. Ursprünglich hieß das – damals von Kanzler Helmut Kohl persönlich eröffnetes –
Institut daher noch „Center for German and European Studies“; erst im Jahr 2000 wurden neue Forschungsprogramme hinzufügt und änderte sich der Name in Institute of European Studies. 

Die Beziehung zu Deutschland, die in den 1990er Jahren unter der Führung des damaligen Direktors Gerald D. Feldman sehr eng war, hatte später abgenommen. Eine meine Prioritäten, die ich mir 2014 als neuer Direktor gesetzt hatte, war, diese wieder zu stärken. Wichtig war mir auch, den oft sehr engen Fokus amerikanischer Akademiker*innen auf Berlin mit Kontakten an Universitäten in anderen deutschen Städten zu ergänzen. Schließlich ist Deutschland mehr als nur Berlin… Ich hatte auch persönliche Gründe, um mich über das Treffen mit Prof. Kingreen zu freuen, da mich einst meine allererste Auslandsreise ohne Familie ins schöne Schlehdorf am Kochelsee geführt hatte, eine Erfahrung, die mich bis heute geprägt und eine nicht-nachlassende Vorliebe für Bayern ausgelöst hat.

Wir beide verstanden uns blendend und so entstand die Idee, einen Kooperationsvertrag zwischen den Universitäten auf den Weg zu bringen. In der Person des UR-Präsidenten Prof. Udo Hebel – selbst ja Amerikanist – und Prof. Ulf Brunnbauer – Wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung – fanden wir die idealen Partner, um diese Kooperation zu unterstützen. Das erlaubte 2017 die Unterzeichnung des Austauschprogramms.

Foto: Prof.Dr. Jeroen DeWulf (Mitte) mit Prof.Dr. Ulf Brunnbauer (links) und Prof.Dr. Udo Hebel (rechts)

Warum würdest du den Doktorand*innen der UR empfehlen einen Aufenthalt in Berkeley zu machen?

Abgesehen davon, dass Auslandserfahrungen im Allgemeinen für Doktoranden von entscheidender Bedeutung für die Forschung und Vernetzung sind, hat die UC Berkeley viel Einzigartiges zu bieten. Sie gilt als die beste Staatsuniversität Amerikas und kann als eine der wenigen solchen mit privaten Elitenuniversitäten wie Yale, Harvard oder Stanford konkurrieren. Schließlich hat die UC Berkeley nicht weniger als 71 Nobelpreisträger (mehrheitlich im Bereich der Physik) und sieben von ihnen unterrichten heute an der Universität. In Berkeley wurde Plutonium entdeckt, sowie 16 chemische Elemente (u.a. Berkelium) und Vitamin E. Die Universität hat auch eine Reputation als Ort des kritischen Denkens und des Protestes – etwa zur Zeit des Vietnam-Krieges und des Free Speech Movements –, die die Diskussion über Krieg, Gesellschaft und Diversität der 1960er Jahre weltweit geprägt haben. Im 21. Jahrhundert waren Studierende der UC Berkeley auch in prominenter Weise an der technologischen Revolution im nahegelegenen Silicon Valley beteiligt. Hinzu kommt, dass der Campus wunderschön ist und die San Francisco Bay Area viel zu bieten hat in Sachen Kultur und Unterhaltung.

Wie war deine eigene Erfahrung in Regensburg dieses Jahr? Du hattest in den 10 Tagen ein recht volles Programm mit vier Vorträgen, diversen Meetings und Einladungen – hat sich der Aufenthalt gelohnt?

Die Tatsache, dass ich dieses Semester als Gastprofessor an der LMU München eingeladen worden war, hat den Besuch nach Regensburg erleichtert. Es war eine große Freude, die schönste Altstadt Deutschlands wieder besuchen zu können, die alten Kollegen und Kolleginnen wiederzusehen und neue Bekanntschaften zu machen. Zudem hatte Prof. Brunnbauer bei seinem letzten Besuch in Berkeley versprochen, mir bei der Rückkehr nach Regensburg eine echte Linzertorte anzubieten… 

Insgesamt ist mir bei diesem zweiten Besuch in Regensburg aufgefallen, wie groß die Sorgen über die Zukunft Deutschlands sind. Beim letzten Besuch, im Jahre 2018, schienen alle Kollegen und Kolleginnen noch zuversichtlich zu sein, das Deutschland auf dem richtigen Weg war. Heute ist das anders und es werden sehr kritische Fragen über die Zukunft der Wirtschaft, der Energieversorgung, der inneren und äußeren Sicherheit, der sozialen Verhältnisse, Asyl und Migration und nicht zuletzt auch der Parteipolitik gestellt und kaum jemand schien die Hoffnung zu teilen, dass die anstehenden Wahlen eine Lösung für diese Sorgen bieten würden. Tatsächlich hatte ich das Gefühl, in ein Land gereist zu sein, dass sich in einer existentiellen Krise befindet. Eine Krise zu der die politische Entwicklung in meinem eigenen Lande leider in nicht geringem Maße beigetragen hat…

Du hast deine Forschung mit nach Regensburg gebracht und unter anderem mit dem REAF, dem Leibniz ScienceCampus, der Fakultät für Kathologische Theologie und dem Regensburger Verein für Volkskunde Vorträge koordiniert (siehe unten).

Welche Forschungsthemen hattest du in Regensburg dabei, was wolltest du gerne nach Deutschland mitbringen? Wie war die Resonanz der Regensburger Kolleg*innen? Haben sich neue Forschungszusammenhänge ergeben?

Meine Forschung ist sehr interdisziplinär angelegt, was Beziehungen zu den verschiedensten Fakultäten erlaubt. Besonders gefreut hat mich die Möglichkeit, dank der Vermittlung von Prof.in Birgit Hebel-Bauridl und Prof. Manuel Trummer neue Kontakte im Bereich der Amerikanistik und Folkloreforschung legen zu können. Das erlaubte den Kontakt zu Prof. Hirschfelder und Prof. Daniel Drascek, mit denen ich verschiedene Forschungsinteressen, wie etwa Karneval und andere festliche Bräuche, teile. Auch der Kontakt zu Prof.in Ursula Regener der Germanistik und Prof. Yves Kingata der Katholischen Theologie war für mich sehr anregend, zumal ich mich sehr für die deutsche Romantik und Reiseliteratur interessiere und Prof. Kingata sich als Kongolese sehr gut in der frühen Geschichte des Königreichs Kongo auskennt, die auch meine Forschung geprägt hat. 

Und ich hatte jetzt endlich die Gelegenheit, bei Prof. Brunnbauer eine richtige Linzertorte auszuprobieren, die wunderbar geschmeckt hat! 

Wir haben gemeinsam mit Prof. Timothy Nunan ein „Your Way To Berkeley“-Event veranstaltet. Wie soll es weitergehen mit dem „UR-Berkeley-Exchange“? Wie stellst Du dir persönlich die Zukunft des Austauschprogramms vor? Hast du Wünsche für die kommenden Jahre?

Ich hatte während des Besuches ausführlich die Möglichkeit, über Ideen zum Ausbau der Kooperation zu sprechen. Dabei würde mich besonders eine Erweiterung der Zusammenarbeit im Bachelor und Master Bereich interessieren, wobei sich allerdings die unvermeidliche Frage der hohen amerikanischen Studiengebühren stellt. Aber vielleicht lässt sich auch hier eine Lösung finden. 


Presseberichte zum Aufenthalt:

Gastprofessor Dr. Dewulf in Regensburg: Ein Blick auf Kolonialgeschichte! • Das Wissen

Wissenschaftler aus Berkeley zu Gast an der Universität Regensburg - Regensburger Nachrichten - News, Meldungen und aktuelles aus der Region


Vorträge während des Aufenthaltes an der Universität Regensburg:


Afro-Atlantische Christen

04.02.25 | 18:15 Uhr | H26 
 
Afro-Atlantische Christen: Eine neue Geschichte des afroamerikanischen Christentums (Presentation in German)


Bei der historischen Entwicklung des Christentums der afroamerikanischen Gemeinschaft wird traditionell die Rolle von weißen Missionaren betont. Dieser Vortrag verändert die Perspektive und konzentriert sich auf den langfristigen Einfluss afro-atlantischer Christen – Afrikaner, die bereits vor ihrer Ankunft in Amerika Varianten des frühneuzeitlichen portugiesischen Katholizismus angenommen hatten.

Dieses Forschungsprojekt liefert Beweise dafür, dass zu den ersten Generationen versklavter Afrikaner eine erhebliche Anzahl afro-atlantischer Christen gehörte, die die Grundlagen für zukünftige religiöse, soziale und politische Aktivitäten der afroamerikanischen Gemeinschaft legten. Historische Dokumente verdeutlichen die Bedeutung insbesondere eines Identitätsmerkmals: Bruderschaften. Daher argumentiert dieses Buch, dass die Geschichte des afroamerikanischen Christentums mit der Geschichte der afroamerikanischen Bruderschaften einhergeht und dass sich die Strukturen dieser Organisationen trotz der großen Veränderungen, die durch veränderte soziale Bedingungen ausgelöst wurden, von zentraler Bedeutung zur Entwicklung des afroamerikanischen Kirchen in Amerika waren.

Durch die Verlagerung des Fokus auf afro-atlantische Christen verändert sich das Verständnis der Geschichte des afroamerikanischen Christentums dramatisch. Von passiven Zuschauern verwandeln sich Mitglieder der schwarzen Gemeinschaft in aktive Pioniere, die eine Form des Christentums mit afrikanischen Wurzeln entwickelten und anschließend in Amerika verbreiteten.


In Kooperation mit dem Leibniz-Wissenschafts Campus, Fakultät für Katholische Theologie – Yves Kingata and Laura Lieber (KT/DIMAS). Einen Flyer der Veranstaltung finden Sie hier.


Flying Back to Africa or Flying to Heaven?

30.01.25 | 12:15 Uhr | ZH4
 
Flying Back to Africa or Flying to Heaven? Competing Visions of Afterlife in the South Carolina Lowcountry and Caribbean Slave Societies.

In diesem Vortrag wird eine neue Theorie zu dem berühmten afroamerikanischen Volksmärchen von den fliegenden Sklaven vorgestellt, einschließlich der Legende, dass nur diejenigen, die kein Salz essen, nach Afrika zurückfliegen können. Toni Morrisons 1977 veröffentlichter Roman "Song of Solomon" hat diesem faszinierenden Mythos im schwarzen Amerika weltweite Aufmerksamkeit verschafft. Wissenschaftliche Interpretationen des Märchens haben sich vor allem auf Quellen konzentriert, die sich auf das kulturelle Erbe der Schwarzen aus den Lowcountry-Gebieten in South Carolina und Georgia beziehen, der Region mit der einst höchsten Konzentration versklavter Afrikaner auf dem nordamerikanischen Festland. Mehrere Varianten dieser Erzählung sind jedoch auch in der Karibik zu finden.

Diese Analyse historischer Dokumente in Kombination mit ethnographischen und linguistischen Untersuchungen führt die Legende bis nach Zentralafrika zurück und präsentiert eine neue Interpretation ihrer ursprünglichen Bedeutung, indem sie die Einwände gegen den Verzehr von Salz mit dem Kikongo-Ausdruck „curia mungua“ (Salz essen) in Verbindung bringt, der für die Taufe steht, und behauptet, dass die Legende im Zusammenhang mit Diskussionen unter den Versklavten über die Folgen einer christlichen Taufe für das spirituelle Leben nach dem Tod entstanden ist. 
 
In Zusammenarbeit mit REAF und dem Know In Netzwerk. Einen Flyer des Vortrags finden Sie hier.


Ihr Weg nach Berkeley! Informationsveranstaltung

03.02.25 | 16-18 Uhr | H24 
 
Ihr Weg nach Berkeley! Informationsveranstaltung zum Austauschprogramm


Interessiert an einem Forschungsaufenthalt in den USA? Der Leiter des Austauschprogramms zwischen der Universität Regensburg und der University of California Berkeley, Prof. Dr. Jeroen DeWulf, kommt nach Regensburg!

Zusammen mit Prof. Dr. Timothy Nunan (UR, DIMAS) lädt er Sie ein, mehr über die UC Berkeley und das Austauschprogramm zu erfahren. Eingeladen sind alle Interessierten, insbesondere aber aktuelle und zukünftige Doktoranden und deren Betreuer sowie Regensburger Professoren aller Fachrichtungen. Die Veranstaltung findet von 16.00 bis 18.00 Uhr im H24 (Vielberth-Gebäude) statt - amerikanische Pizza inklusive, solange der Vorrat reicht!

In Zusammenarbeit mit DIMAS - Timothy Nunan. Den Flyer der Veranstaltung finden Sie hier.



DIMAS

Vorstand | BoardProf. Dr. Anna Steigemann and Prof. Dr. Rike Krämer-Hoppe

Geschäftsführung | Manager: Dr. Laura Niebling

Sekretariat | Secretary [email protected]
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