Ich interessiere mich für Männlichkeiten im Alten Testament und seiner Umwelt. Männlichkeiten sind soziokulturelle Geschlechter-Skripte, denen Männer entsprechen müssen, wenn sie in den Augen anderer Männer und der Gesellschaft als Männer gelten wollen. Männlichkeiten müssen immer neu hergestellt werden und sich in den Augen anderer beweisen. Ich beschäftige mich mit diesen verschiedenen Männlichkeitsvorstellungen im AT. Dabei geht es mir nicht nur darum, die verschiedenen Männlichkeitsvorstellungen zu beschreiben, sondern auch die Diskurse um Männlichkeiten nachzuzeichnen. Wie wird von Männlichkeiten erzählt und zu welchem Zweck wird dies getan?
Insbesondere stelle ich mir die Frage, wie sexuelle und sexualisierte Gewalt gegen Männer in der Bibel beschrieben wird und was damit bei Leser*innen bewirkt werden soll. Ferner interessiert es mich, wie und mit welchem Ziel von Frauen erzählt wird, die männliche Geschlechter-Skripte ausführen.
Wir lesen ständig im Alten Testament, dass Gott spricht. Also muss man ihn auch hören können. Wir lesen auch sehr oft, dass er sich sichtbar macht, also erscheint. Man muss ihn also auch sehen können. Im Christentum haben wir jedoch sehr starke Vorbehalte gegen sinnliche Wahrnehmungen Gottes – und doch ist Gott mit Sinnen im Alten Testament wahrnehmbar. Allerdings wird bei der sinnlichen Wahrnehmung eigentlich nicht gesagt, wie Gott aussieht, oder wie er sich anhört. Warum erzählt man dann von sinnlichen Wahrnehmungen Gottes?
Ich gehe der Frage nach, wie man über sinnliche Wahrnehmungen Gottes im AT spricht. Und ich stelle mir die Frage, welches Ziel bei der Leserschaft verfolgt wird, wenn von sinnlichen Wahrnehmungen Gottes berichtet wird, aber dann eigentlich doch nichts davon „anschaulich“ für die Leser*schaft wird. Ferner wird die Frage gestreift, welcher Status den verschiedenen Sinnen in der Wahrnehmung Gottes zukommt und welche Bedeutung die Sinne dabei haben können.
Mich beschäftigt, wie von Geschlecht in Texten erzählt wird und was auf diese Weise der Leser*schaft mitgeteilt werden soll. Die Verknüpfung von Narratologie und Geschlechterforschung ermöglicht einerseits eine historische und soziokulturelle Kontextualisierung biblischen Erzählens. Die Gestaltung einer Erzählung ist also nicht „neutral“, sondern kann semantisiert werden (in Bedeutungen überführt werden) und trägt somit selbst Informationen. Nicht nur der Zusammenhang von Geschlecht und erzählter Welt, sondern auch der zwischen Geschlecht und Erzählung und den verschiedenen Erzählinstanzen kommt so in den Blick.
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