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Gastvortrag: Afro-atlantische Christen (Prof. Jeroen DeWulf, University of California, Berkeley)


100 Jahre Bayerisches Konkordat - Tagungsbericht

Am 15. und 16. November 2024 veranstaltete Prof. Dr. Yves Kingata ein Symposium an der Universität Regensburg zum Thema „100 Jahre Bayerisches Konkordat“. Rund 60 Fachleute aus dem deutschsprachigen Raum und dem europäischen Ausland sowie Studierende nahmen daran teil. Zu Beginn sprach der Apostolische Nuntius Deutschlands, Erzbischof Dr. Nikola Eterović, ein Grußwort und wünschte der Tagung einen guten Verlauf. Danach grüßte der Präsident der Universität Regensburg, Prof. Dr. Udo Hebel, das Auditorium, dankte für die Initiative zur Veranstaltung an der Universität Regensburg und wünschte ebenfalls einen erfolgreichen Verlauf.

Der erste Block der Vorträge widmete sich der Entstehung sowie kirchlichen und politischen Aus- und Fortwirkungen des Bayerischen Konkordats. Prof. Dr. Klaus Unterburger, Lehrstuhlinhaber für Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit an der Ludwig-Maximilians-Universität München, lenkte die Aufmerksamkeit des Auditoriums auf „ein gutes Konkordat“, wie Papst Pius XI. es nach dem Vertragsabschluss charakterisierte. Er erläuterte die Interaktionen zwischen der bayerischen Regierung und dem Heiligen Stuhl unter der Leitung des Nuntius Eugenio Pacelli sowie die Knotenpunkte der Verhandlungen und ging am Ende auf die Frage ein, ob das Bayerische Konkordat von 1924 zu teuer erkauft worden sei.

Frau Dr. Nikola Becker, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, untersuchte und analysierte Stenogramme und Protokolle der Ministerratssitzungen des Kabinetts Eugen von Knilling (1922-1924). Sie konzentrierte sich unter anderem auf die Diskussion der Minister über das Recht der Diözesanbischöfe bei der Bestellung von Religionslehrkräften. Zudem ging sie auf die Fakultäten für Katholische Theologie an den staatlichen Universitäten sowie auf die vermögensrechtliche Verpflichtung des Staates gegenüber der katholischen Kirche in Bayern und beleuchtete schließlich die Diskussion über die Ernennung der (Erz-)Bischöfe im Freistaat.

Mit der Rezeption des Konkordats in der Öffentlichkeit durch Parteien und Medien setzte sich der Lehrstuhlinhaber für Europäische Regionalgeschichte der Universität Augsburg, Prof. Dr. Rainald Becker, ausführlich auseinander. Zunächst ging er auf den Austausch der Ratifikationsurkunden des Konkordats ein und beleuchtete sodann die heftige Reaktion und Wahrnehmung des Protestantismus, aus dessen Sicht das Konkordat eine Belastung für Bayern bedeutete. Zudem berichtete Rainald Becker über kritische Randglossen zum Bayerischen Konkordat unter dem Gesichtspunkt der modernen Kulturideale und der Trennung von Staat und Kirche. Dementgegen bot ein Seitenblick aus den Vereinigten Staaten eine andere Perspektive mit einer Akzentsetzung auf die freie Entwicklung, wobei der Wert der Religion betont wurde. Deutlich wurde diese Aporie in der Rezeption, da die herausragende Stellung des Bayerischen Konkordats im Staat-Kirche-Verhältnis noch nicht zum Tragen kam.

Den zweiten Block über die Aus- und Fortwirkung des Bayerischen Konkordats im 20. Jahrhundert eröffnete Prof. Dr. Stefan Samerski, außerplanmäßiger Professor am Lehrstuhl für Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er stellte die Frage, ob das Bayerische Konkordat als initiale Zündung hinsichtlich der Staat-Kirchen-Verhältnisse in den anderen deutschen Bundesländern gilt. Er unterstrich die Bedeutung des Begriffs „Konkordat“ als freundschaftliche Vereinbarung für spätere Konkordate, wie mit Preußen und Baden. Im Anschluss an diese allgemeinen Ausführungen folgte eine ausführliche Beschäftigung mit den einzelnen Vertragsgegenständen im Bayerischen Konkordat.

Der Untersekretär des Dikasteriums für die Kultur und Bildung, Msgr. Dr. Matthias Ambros, bot ausgehend vom Bayerischen Hochschulinnovationsgesetz von 2022 und dem Konkordat von 1924, inklusive seiner Zusatzprotokolle, zunächst eine Analyse der katholisch-theologischen Fakultäten an den staatlichen Universitäten. Er widmete sich ferner der katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und der theologischen Lehrstühle außerhalb theologischer Fakultäten und ging abschließend auf die Konkordatslehrstühle ein. Dass die konkordatsrechtliche Begründung akademischer Theologie immer noch von der Ausbildung für Priester und Religionslehrende ausgehe, müsse weitergedacht und fortgeschrieben werden. Die Theologischen Fakultäten stehen allen Interessierten offen und fördern inter- und transdisziplinäres Lehren und Forschen, wie es auch im Motu proprio Ad theologiam promovendam vom 01.11.2023 mit Nachdruck eingefordert wird.

Im Anschluss daran beschäftigte sich Prof. em. Dr. Wilhelm Rees mit dem Religionsunterricht im Rahmen der Schulbestimmung und im Licht des Bayerischen Konkordats von 1924. Dabei beleuchtete er die geschichtliche und rechtliche Entwicklung und beleuchtete den Religionsunterricht in Bayern seit 1918 bis zum Abschluss des Bayerischen Konkordats von 1924. Die konkordatären Regelungen des Religionsunterrichtes mussten sich im Laufe der Geschichte immer wieder an aktuelle Situationen anpassen, was Wilhelm Rees beispielhaft an Schule und Religionsunterricht in nationalsozialistischer Zeit und in der Nachkriegszeit aufzeigte.

Mit den Staatsverwaltungsverträgen der evangelischen Kirchen beschäftigte sich Prof. Dr. Heinrich de Wall, Lehrstuhlinhaber für Kirchenrecht, Staats- und Verwaltungsrecht an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen. Ausgehend von der Frage, ob das Bayerische Konkordat und die evangelischen Kirchenverträge von 1924 „eine gleichheitliche Regelung“ für die großen christlichen Bekenntnisse Bayerns darstellen, erläuterte er die Vertragsverhandlungen mit den evangelischen Kirchen und analysierte ihre Ziele und die damit verbundenen Kontroversen. Auch auf die Staatsleistungen ging Heinrich de Wall ein und zeigte, wie die Regelungen für Katholiken und Protestanten nahezu gleichlautend waren.

Den Abschluss des zweiten Blocks bildete Prof. Dr. Dr. Andreas Kowatsch, Lehrstuhlinhaber für Kirchen- und Religionsrecht der Katholisch-Theologischen an der Universität Wien, mit einem Vortrag zu den Theologischen Fakultäten an staatlichen Universitäten in Österreich. Er stellte die Entwicklung der öffentlichen Universitäten und Wegmarken des österreichischen Konkordats dar. Dabei analysierte er die Bestands- und Finanzierungsgarantie der Fakultäten, die aus dem österreichischen Konkordat hervorgehen. Zudem bot Andreas Kowatsch einen Einblick in die Spannungen zwischen dem Konkordat und dem kirchlichen Hochschulrecht sowie der Universitätsautonomie. Er rundete seine Analysen mit einer Darstellung der Vor- und Nachteile unterschiedlicher Zeitpunkte der kirchlichen Mitwirkung bei der Ernennung oder Zulassung von Lehrpersonen sowie dem Recht zur Beanstandung jener und den damit verbundenen Rechtsfolgen ab.

Der letzte Block der Vorträge vertiefte am folgenden Tag erneut einzelne Schwerpunkte aus dem Bayerischen Konkordat. Für die Bischofsbestellung nach dem Bayerischen Konkordat analysierte der Lehrstuhlinhaber für Kirchenrecht an der Theologischen Fakultät Trier, Prof. Dr. Dr. Noach Heckel OSB, zunächst die Bestimmungen im universalen Kirchenrecht und das Verfahren der Besetzung der Bischofsstühle in Bayern, um die Besonderheit der im Bayerischen Konkordat verankerten Bestimmungen aufzuzeigen. Darüber hinaus behandelte Prof. Heckel aktuelle Fragestellungen sowie Perspektiven, ging ausführlich auf die im Synodalen Weg diskutierten Vorschläge ein und beantwortete dabei die Frage, warum keine Beteiligung der Laien nach der aktuellen Staat-Kirche-Vereinbarung möglich sei.

Dass die Kirchenfinanzierung eine nicht zu unterschätzende Stelle einnimmt und zugleich eine wichtige Rolle im Bayerischen Konkordat spielt, wurde deutlich in den Ausführungen von Prof. Dr. Christoph Ohly, Rektor und Lehrstuhlinhaber für Kirchenrecht, Religionsrecht und kirchliche Rechtsgeschichte an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT). Prof. Ohly ordnete das Konkordat im Gefüge der Staatskirchenverträge ein, setzte sich mit Art. 10 BayK über die Kirchenfinanzierung auseinander und zeigte zudem auf, wie auch außerhalb von Art. 10 BayK entscheidende Elemente bzw. Vereinbarungen zur Kirchenfinanzierung getroffen wurden. Abschließend ging er auf die Fortentwicklung des Konkordats ein und betonte dabei die Wichtigkeit der Freundschaftsklausel.

Prof. Dr. Martin Rehak, Lehrstuhlinhaber für Kirchenrecht, insbesondere Verwaltungsrecht sowie Kirchliche Rechtsgeschichte am Klaus-Mörsdorf-Studium für Kanonistik der Ludwig-Maximilians-Universität München, lenkte die Aufmerksamkeit des Auditoriums auf die neuen Regelungsgegenstände in den konkordatären Verträgen in Deutschland seit 1996. Er beschäftigte sich mit der Frage, ob es im Bayerischen Konkordat Regelungslücken gebe oder Updates notwendig seien. Dabei stellte Martin Rehak das Bayerische Konkordat anderen deutschen Kirchenverträgen gegenüber und fokussierte sich auf einzelne Punkte, wie beispielsweise Denkmalschutz, Erwachsenenbildung, Friedhofswesen, Rundfunk und Sonn- und Feiertagsschutz. Damit bot Prof. Rehak eine bemerkenswerte Übersicht über die Entwicklung des Konkordatsrechts und die darin zu regelnden Gegenstände.

Der letzte Vortrag des Tages wurde vom Lehrstuhlinhaber für Kirchenrecht an der Universität Santa Croce in Rom, Prof. Dr. Dr. Stefan Mückl, übernommen. Er rief die Anfänge der Staat-Kirchen-Vereinbarungen in Erinnerung und sprach danach über Aktuelle Tendenzen des Heiligen Stuhls im Staat-Kirchen-Verhältnis sowie Zukunft des Konkordatsrechts. Er bot ein en informativen Überblick über die Konkordate und Kirchenverträge mit dem Heiligen Stuhl auf der ganzen Welt, wobei deutlich wurde, dass die Ära der Konkordate und Kirchenverträge nicht vorbei ist und diese nach wie vor ein wichtiges Mittel zur Ordnung der Beziehungen und der Zusammenarbeit von Staat und katholischer Kirche darstellen.

Den Schlussakt der Tagung bildete eine Podiumsdiskussion. Der Lehrstuhlinhaber für Bürgerliches Recht an der Universität Regensburg, Prof. Dr. Martin Löhnig, moderierte das Gespräch mit den drei Diskutanten, dem Ap. Nuntius Dr. Nikola Eterović, dem Leiter der Bayerischen Staatskanzlei und Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien Dr. Florian Herrmann, MdL und dem Regensburger Bischof Dr. Rudolf Voderholzer.

Die Podiumsdiskussion startete nach einer kurzen historischen Einführung durch den Moderator mit einer recht offenen Frage, ob in Anbetracht der Entwicklungen innerhalb Bayerns und des starken Rückgangs der katholischen Bevölkerung Gespräche zu einer Überarbeitung des Konkordats beginnen sollten.

Zunächst erklärte Staatsminister Dr. Florian Herrmann die Absicht und das Interesse des Freistaates am Festhalten des Konkordats von 1924, von dem Staat und Kirchen in Bayern immer noch profitieren. Der Apostolische Nuntius unterstrich das 75-jährige Bestehen des Grundgesetzes Deutschlands, ging auf die Bedeutung des Konkordatsrechts als ein wichtiges Mittel zur Ordnung der Beziehungen ein und betonte die Weiterführung und Pflege der guten Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirche in Deutschland. Der Bischof von Regensburg unterstrich die im Bayerischen Konkordat enthaltenen Vertragsgegenstände, wie den Religionsunterricht, die Kirchenfinanzierung oder die Theologischen Fakultäten an den staatlichen Universitäten, bei denen das Zusammenwirken von Staat und Kirche sichtbar wird. Weitere Fragen bezogen sich auf die Kirchenfinanzierung, die sogenannten Konkordatslehrstühle sowie die Besetzung von Bischofsstühlen. Nach eineinhalb Stunden beendete Prof. Dr. Martin Löhnig die Podiumsdiskussion.

Abschließend folgten die Dankesworte von Prof. Dr. Kingata an die Gesprächspartner auf dem Podium, an die Referentinnen und Referenten sowie an das Auditorium, das durch rege Diskussion am guten Verlauf der Tagung mitgewirkt hatte. 



  1. Fakultät für Katholische Theologie
  2. Systematische Theologie

Professur für Kirchenrecht

Prof. Dr. Yves Kingata

Telefon 0941 943-3738
E-Mail [email protected]

Illustration zum Thema Kirchenrecht

Sekretariat: Martina Brunner

Telefon 0941 943-3737
E-Mail [email protected]