Außer Messen und Motetten komponierte Palestrina auch Werke für das liturgische Stundengebet (Offizium). Hierzu gehören Lamentationen und Hymnen.
Lamentationen sind die alttestamentlichen Klagelieder des Propheten Jeremia über die Zerstörung des Jerusalemer Tempels im Jahr 586 v. Chr. In ihnen klagt die als „Tochter Zion“ personifizierte Stadt Jerusalem als entehrte und verlassene Witwe.
Durch eine symbolische Übertragung des Tempels auf die Person Christi fanden die Klagelieder Eingang in die kirchliche Liturgie der Karwoche, wo sie auf Leiden und Sterben Jesu zielen.
Neben Psalmen und Responsorien wurden sie im nächtlichen Stundengebet mit seinen drei Nokturnen am Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag (Trauermette oder Tenebrae) gesungen.
Palestrina veröffentlichte ein erstes Buch mit Lamentationen 1588 im Druck. Vier weitere Bücher (Liber secundus bis quintus) sind nur handschriftlich überliefert.
Hymnen sind feste Bestandteile der morgendlichen Laudes und der abendlichen Vesper und der Komplet. Im Unterschied zu anderen liturgischen Gattungen verwenden Hymnen keine biblische Vorlage, sondern beruhen auf dichterischen Texten in Versform.
1589 veröffentlichte Palestrina einen Zyklus von 45 Hymnen für das ganze Kirchenjahr (Hymni totius anni).
Einer üblichen Praxis seiner Zeit folgend, hat Palestrina nur jede zweite Strophe mehrstimmig vertont, während die übrigen Strophen auf die einstimmigen Choralmelodien gesungen wurden. Diese Art von Wechselgesang wird „Alternatim-Praxis“ genannt.
Raymond Dittrich
Rom: Alessandro Gardano, 1588
4 Stimmbücher: Cantus, Altus, Tenor, Bassus.
Singuläre für die Päpstliche Kapelle hergestellte Prachtausgabe. Die Einbände aus rot gefärbtem Leder tragen auf Vorder- und Rückseite in Goldprägung das Wappen des Widmungsträgers Papst Sixtus V. (1585–1590).
Signatur: Bischöfliche Zentralbibliothek Regensburg, AN 23
Einband der Stimmbücher
Erste Notenseite im Tenor-Stimmbuch
Venedig: Angelo Gardano, 1589
2 Stimmbucher: Cantus, Bassus
Nachdruck des Hymnenwerkes Palestrinas in Stimmbüchern. Die Erstausgabe erschien im selben Jahr 1589 als Chorbuch in Rom.
Signatur: Bischöfliche Zentralbibliothek Regensburg, B 104 (Cantus), BH 6252 (Bassus)
Cantus-Stimmbuch: Titelseite
Hymnus Ut quaeant laxis zum Fest Johannes des Täufers
⇒ 3. Motetten Palestrinas | ⇒ 5. Madrigal und Motette |