Doppelter Erfolg: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert gleich zwei voneinander unabhängige Projekte im Bereich der Experimentellen Psychologie der Universität Regensburg.
Sowohl das Projekt „Multidimensionale Repräsentationen von Handlungen aufdecken“ von Prof. Dr. Angelika Lingnau, Inhaberin des Lehrstuhls Cognitive Neuroscience, als auch das Projekt „Förderung eines integrativen Verständnisses der Flexibilitäts-Stabilitäts-Balance“ von Prof. Dr. Gesine Dreisbach, Dekanin der Fakultät für Humanwissenschaften und Inhaberin des Lehrstuhls für Allgemeine und Angewandte Psychologie an der UR, werden in den kommenden Jahren von der DFG gefördert.

Vom Sehen zum Verstehen: Wie unser Gehirn Handlungen entschlüsselt
Ein wichtiges Ziel in den Kognitiven Neurowissenschaften besteht in der Frage, wie wir dem, was wir sehen, eine Bedeutung zuordnen. Wir sind z.B. in der Lage, zwischen essbaren und nicht essbaren Objekten zu unterscheiden, und wir können abschätzen, ob uns jemand mit der Faust angreift oder uns zum Gruß die Hand reicht. Anhand welcher Merkmale sind wir in der Lage, derartige Unterscheidungen vorzunehmen?
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert über einen Zeitraum von drei Jahren das Projekt „Multidimensionale Repräsentationen von Handlungen aufdecken” an der Universität Regensburg mit insgesamt 438.000 Euro. In diesem grundlagenpsychologischen Forschungsprojekt geht Prof. Dr. Angelika Lingnau (Universität Regensburg) in Kooperation mit Prof. Dr. Martin Hebart (Justus-Liebig-Universität Gießen) der Idee nach, dass Handlungen in einem mehrdimensionalen Raum dargestellt werden können, in dem ähnliche Handlungen als näher beieinander liegend wahrgenommen werden. Indem untersucht wird, wie visuelle Informationen und Vorwissen im Gehirn strukturiert und verarbeitet werden, sollen die Prinzipien aufgedeckt werden, die das Erkennen und die Vorhersage von Handlungen ermöglichen.
Mithilfe von Verhaltensexperimenten, computationalen Methoden und bildgebenden Verfahren (fMRT, EEG) sollen die Schlüsseldimensionen identifiziert werden, die diesen „Handlungsraum“ definieren und Aufschluss darüber geben, wie das Gehirn beobachtete Handlungen kategorisiert und vergleicht. „Die Ergebnisse könnten nicht nur unser Verständnis darüber vertiefen, wie Menschen Handlungen wahrnehmen und verarbeiten, sondern langfristig auch Anwendungen in Bereichen wie Mensch-Computer-Interaktion, dem Erlernen neuer Fähigkeiten, der Rehabilitation nach Verletzungen und der KI-gestützten Erkennung von Bewegungen ermöglichen”, blickt Prof. Lingnau voraus.
Geht kognitive Flexibilität notwendigerweise zu Lasten reduzierter Stabilität?
Im Alltag wechseln wir ständig zwischen unterschiedlichen Aufgaben, was ein hohes Maß an Flexibilität erfordert. Gleichzeitig gibt es Situationen, in denen wir uns konzentriert einer Aufgabe widmen und Ablenkungen ausblenden müssen. Dieses sogenannte Flexibilitäts-Stabilitäts-Dilemma beschreibt das Spannungsfeld zwischen kognitiver Flexibilität, die uns anpassungsfähig macht, aber auch anfälliger für Ablenkungen, und kognitiver Stabilität, die Fokus ermöglicht, jedoch die Flexibilität einschränken kann. Ob diese beiden Zustände tatsächlich in einem Gegenspiel zueinanderstehen oder ob wir gleichzeitig flexibel und stabil sein können, ist derzeit Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert jetzt über einen Zeitraum von drei Jahren ein Gemeinschaftsprojekt „Förderung eines integrativen Verständnisses der Flexibilitäts-Stabilitäts-Balance“ der Universitäten Regensburg und Osnabrück mit insgesamt 544.000 Euro. In diesem grundlagenpsychologischen Forschungsprojekt untersuchen Prof. Dr. Gesine Dreisbach, Institut für Psychologie der Universität Regensburg, und Prof. Dr. Sebastian Musslick, Institut für Kognitionswissenschaft der Universität Osnabrück, die Mechanismen kognitiver Flexibilität und Stabilität. Am Standort Regensburg werden computergestützte Verhaltensexperimente durchgeführt, in denen kognitive Flexibilität beim Wechsel zwischen Aufgaben unter verschiedenen Ablenkungsbedingungen gemessen wird. Am Standort Osnabrück werden diese empirischen Daten mittels dynamischer Systeme modelliert. Durch den gezielten Vergleich verschiedener Modellparameter lassen sich Annahmen über den Zusammenhang von kognitiver Flexibilität und Stabilität präzise testen und die zugrundeliegenden Mechanismen sichtbar machen. „Wir freuen uns sehr, dass wir mit dieser Förderung die Möglichkeit haben, eine für die Psychologie grundlegende Fragestellung mit einem nahtlosen Zusammenspiel aus experimentellen und computergestützten Methoden zu untersuchen. Wir erhoffen uns dadurch neue Einblicke in die einzigartige menschliche Kapazität, Stabilität und Flexibilität zu regulieren“, so Prof. Dreisbach.
Kontakt aufnehmen
Prof. Dr. Gesine Dreisbach
Dekanin der Fakultät für Humanwissenschaften
Lehrstuhl für Allgemeine und Angewandte Psychologie
Institut für Psychologie
Universität Regensburg
Tel.: +49 (0)941-943-3817
E-Mail: [email protected]
Prof. Dr. Angelika Lingnau
Lehrstuhl Cognitive Neuroscience
Institut für Psychologie
Universität Regensburg
Tel.: +49 (0)941 943-3852
E-Mail: [email protected]